Freifunk und digitale Katastrophenvorsorge: Ein Überblick für Kommunen
Wer wir sind und was wir tun
Freifunk Nordhessen e.V., ursprünglich 2016 als Freifunk Frankenberg e.V. gegründet, ist eine nicht-kommerzielle Initiative, die sich für den Aufbau und die Verbreitung offener, lokaler Netzwerke einsetzt. Mit Sitz in Bad Arolsen und einem stetig wachsenden Einzugsgebiet, treibt uns die Mission um, ein offenes Bürgernetz im Norden Hessens zu etablieren. Wir sehen den Zugang zum Internet als genauso selbstverständlich an wie den Zugriff auf Luft, Wasser, Strom oder Straßen. Internet sollte Teil der kommunalen Daseinsvorsorge sein.
Wir unterstützen die Entwicklung von Freifunk, indem wir Router empfehlen, passende Firmware-Software entwickeln und jede Menge Gateway-Server betreiben, damit die Megabit auch rechtssicher durch die Leitungen laufen. Und nicht selten unterstützen wir auch vor Ort bei der Konfiguration und Montage der Geräte.
Von offenen WLANs zu Mesh-Netzwerken
Ursprünglich ging es uns bei Freifunk Nordhessen e.V. darum, Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihren privaten Internetanschluss stressfrei für Dritte zu öffnen und so ein offenes WLAN für alle bereitzustellen. Aus diesem Grundgedanken heraus hat sich etwas später die Idee der Mesh-Netzwerke entwickelt.
Die Mesh-Technologie entstand aus dem Wunsch heraus, Internetzugang dort bereitzustellen, wo kein Netzanschluss vorhanden ist. Ein Mesh-Netzwerk ist ein dezentrales Netzwerk, bei dem alle Knoten (in diesem Fall die WLAN-Router) miteinander verbunden sind. Dies hat den Vorteil, dass es keine zentralen Ausfallpunkte gibt und das Netzwerk sehr robust gegen Störungen ist. Zudem ermöglicht es eine hohe Abdeckung und kann flexibel erweitert werden.
Ein praxisnahes Szenario hierfür ist ein Dorfgemeinschaftshaus, in dem kein Telefonanschluss vorhanden ist, das aber offenes WLAN für Festivitäten und andere Veranstaltungen benötigt. In einem solchen Fall kann über ein Mesh-Netzwerk das Internet beispielsweise aus einem anderen Gebäude (wie einer Schule) oder sogar von engagierten Nachbarn oder Vereinen mitgenutzt werden. Durch das Mesh-Netzwerk können sogar mehrere Netzgeber ihren Internetanschluss für das Dorfgemeinschaftshaus bereitstellen, was eine zusätzliche Redundanz und damit eine höhere Ausfallsicherheit schafft.
Mesh-Netzwerke in Krisen- und Großschadenslagen
In Krisen- und Großschadenslagen können Mesh-Netzwerke einen entscheidenden Vorteil bieten. Da sie dezentral organisiert sind, können sie auch dann noch funktionieren, wenn Teile des Netzwerks ausfallen oder die Infrastruktur beschädigt ist.
Für die Bürger bietet ein Mesh-Netzwerk den Vorteil, dass sie auch in Krisensituationen Zugang zum Internet haben und so mit der Außenwelt kommunizieren können. Für Feuerwehr und Katastrophenschutz bietet ein Mesh-Netzwerk den Vorteil, dass sie ein besseres Lagebild erhalten und effizienter agieren können. In einer Rückschau auf die 2021er Katastrophe im Ahrtal hat das Fraunhofer Institut ausführlich über das Problem der fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten in den ersten Tagen berichtet – hier werden die Probleme sehr deutlich beschrieben.
Ein besonderer Vorteil von Mesh-Netzwerken ist die bereits erwähnte Redundanz: Wenn beispielsweise die Deutsche Telekom (vor Ort oder sogar bundeweit) ausfällt, gleichzeitig jedoch die Anschlüsse von Vodafone noch online sind, bleiben letztendlich alle Router im Mesh-Verbund online – zumindest solange einer von ihnen noch einen Zugang zum Vodafone Netz hat. Redundanz schafft Sicherheit und gewährleistet eine kontinuierliche Kommunikation, selbst wenn Teile des Netzwerks ausfallen.
Krisenszenario: Mesh-Netzwerke in Aktion
Stellen Sie sich vor, das fiktive Dorf Kleetal wird von einem Bach durchzogen, der unvermittelt über die Ufer tritt und den örtlichen Telekom-Verteiler sowie die Glasfaserkabel am Ortsrand zerstört. Teile des Ortes haben noch Strom, aber der Internetzugang, Telefone, BOS- und Handymasten, kurzum alles was am Glasfasernetz hing, ist komplett ausgefallen.
Hier kommt die Mesh-Technologie ins Spiel: Durch ein Richtfunk-Mesh könnte Internet aus dem ebenfalls fiktiven Nachbardorf Blumenberg “eingeflogen” werden. Über Blumenberg bleibt Kleetal somit online. Wenn nun in Kleetal noch ein paar Freifunk Accesspoints verteilt sind, die untereinander Kontakt halten, können die Bewohner relativ gut Lebenszeichen von sich geben und die Feuerwehr und der Katastrophenschutz haben ein tendenzielles besseres Lagebild vor Augen.
Damit das alles vernünftig funktioniert, ist es natürlich besonders wichtig, dass im Dorf Blumenberg möglichst viele Teilnehmer an das Freifunk Netz angeschlossen sind, damit im Notfall eine möglichst hohe Bandbreite für Kleetal zur Verfügung steht.
Was unterscheidet Freifunk von der Digitalen Dorflinde?
Gelegentlich trifft man in Hessen auf Kommunen, die bereits die Digitale Dorflinde “gepflanzt” haben – gemeint ist ein Förderprogramm des Landes für offenes WLAN in Kommunen. Obwohl sowohl Freifunk als auch die Digitale Dorflinde offenes WLAN bereitstellen, gibt es einige wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Lösungen. Freifunk wird von einer gemeinnützigen regionalen Initiative in Nordhessen betrieben, während die Digitale Dorflinde von einem kommerziellen Unternehmen aus Österreich bereitgestellt wird.
Wir sehen uns nicht als Konkurrent zur Digitalen Dorflinde, sondern als eine Alternative, die auf bestimmte Aspekte Wert legt, die uns wichtig sind. Bei Freifunk verzichten wir im Sinne der digitalen Barrierefreiheit auf das AGB-Häkchen und die ungeliebte WLAN-Vorschaltseite. Das bedeutet, dass jeder, der unser Netzwerk nutzt, dies ohne Hürden tun kann. Aktuell (Stand 7/2023) sind wir mit rund 600 WLAN-Accesspoints allein in Nordhessen aktiv.
Der aus unserer Sicht entscheidende Unterschied ist die Mesh-Technologie, die wir bei Freifunk verwenden. Sie ermöglicht es jedem Bürger, Teil dieses Netzwerks zu werden und es zu erweitern bzw. zu verstärken. Dies ist ein Aspekt, den die Digitale Dorflinde nicht bieten kann. Bei Freifunk kann jeder Bürger aktiv zur Verbesserung und Erweiterung des Netzwerks beitragen, was die Gemeinschaft stärkt und das Netzwerk robuster und widerstandsfähiger macht. Ach ja: finanziell günstiger ist der Freifunk dadurch übrigens auch.
Handeln Sie jetzt: Digitale Resilienz mit Freifunk und Mesh-Netzwerken
Die Technologie ist vorhanden und bewährt, und Organisationen wie der Freifunk Nordhessen e.V. stehen bereit, um Kommunen bei der Implementierung zu unterstützen. Wenn Sie als Kommunalpolitiker die Vorteile von Freifunk und Mesh-Netzwerken nutzen möchten, zögern Sie nicht, Kontakt mit uns aufzunehmen. Nutzen Sie die Chance, Ihren Bürgern einen freien und robusten Internetzugang zu bieten und Ihre Kommune mit Hilfe moderner und kostengünstiger Kommunikationstechnik auf Krisen- und Großschadenslagen vorzubereiten.
Falls Sie mehr darüber erfahren möchten, wie die konkrete Zusammenarbeit zwischen dem Freifunk Nordhessen e.V. und Kommunen funktioniert und welche Kosten dabei entstehen, schauen Sie sich unseren Blogbeitrag dazu an. Und wenn Sie schon überzeugt sind, können Sie gerne über unsere Website Kontakt zum Vorstand aufnehmen.
Sharing is Caring: Gemeinsam für eine sichere Zukunft
Das Prinzip von Freifunk und Mesh-Netzwerken basiert auf dem Gedanken des Teilens und der Gemeinschaft. Jeder, der sich beteiligt, trägt dazu bei, ein stabiles und sicheres Netzwerk aufzubauen, das im Notfall zur Verfügung steht. Es ist eine Form der aktiven Krisenvorsorge – in der Hoffnung, dass wir sie nicht brauchen, aber in der Gewissheit, dass wir sie haben, falls es nötig sein sollte. Denn wie das Sprichwort sagt: Besser haben und nicht brauchen, als brauchen und nicht haben!
Wir laden Sie ein, Teil dieser Gemeinschaft zu werden und gemeinsam mit uns an einer sicheren und vernetzten Zukunft zu arbeiten.